hall
buchstaben kräuseln, tänzeln, wähnen sich in den schutz von worten, die deine lang schon nicht mehr sind.
ich glaubte an endlosigkeit. das war mein fehler. ich glaubte an tropfende seelen in blinder nacktheit, nur gefühlt und verloren im dickicht einer skulptur, die steinernd kein leben kennt; nur dich. ich glaubte an mein ur und an deines. ich glaubte an die tausenden von blätter der rosen zart, die alle ich küssen wollte zur schönsten blüte hin. denn nur sie wären würdig dich zu betten und nur ein gefühl, so rein und sanft wie der schimmer jeder unschuld sollte dich bei jedem deiner augenzu umhüllen.
ein bildnis aus öl, pastell, schnur, stoff, granit und herzblut zu werden, das sich immerfort selbst erfüllt und an jeder seite andere tiefen kennt; so war es gedacht. eine art lebenswerk, weil liebe für menschen wie uns etwas anderes nicht sein kann.
doch dann knirscht es einmal ganz fürchterlich
und all der glaube
mit all den buchstaben
den schnüren
farben
und blut
fällt
einfach
um
–
vom 2. Dezember 2012
geteilt: im wort |
herbstfall
der herbst hat das jahr bald ganz aus den bäumen geworfen und so wirkt es fast, weil sie nackt und unbeholfen dastehen, als warteten die bäume schon sehnsüchtig auf den ersten schnee. der würde sie dann glitzernd machen und verzaubern, wenigstens für die ersten sonnenstrahlen eines morgens und für mich.
wahrscheinlich aber warten sie nur halb so sehnsüchtig wie ich, und noch wahrscheinlicher warten sie gar nicht, weil, ja weil sie eben einfach bäume sind. die stehen nunmal nur da, atmen ein wenig und fangen manchmal drachen vom himmel.
während der mensch dazu neigt, ewig an etwas herumzuzerren, bis es kaputt gespielt ist [sic!] und dem dann in unverhältnismäßigem wahnsinn hinterherzutrauern [sic!], entschließt sich so ein baum, einfach die kleider fallen zu lassen, wenn die umstände es anders nicht erlauben. in dem fall heißt umstände dann “lass los oder stirb”. und das, was den menschen dann mit dem gold-rot-braunen rascheln in sein verklärtes romantisches gefühl treibt, ist nicht etwa ein letztes liebes wort zum abschied, ein letzter gemeinsamer abend in fell vor dem kamin: nein, hier wird aktiv gestorben. das nennen sie dann abszission und fertig ist der beweis, dass natur und romantik zusammen nur funktionieren, solange ein mensch dazwischen funkt und sich diese gedanken macht. deshalb verliebt man sich in sie. also, in die menschen.
tatsächlich habe ich noch nie einen baum heulen sehen und wahrscheinlich würde es mich auch ziemlich verstören, würde es an der tür klingeln und er würde da stehen und seine kühlen, blattlosen ärmchen um mich schlingen und mit tränenerdrückter stimme fragen, ob ich nicht vielleicht kirsch-eis da hätte. und natürlich hätte ich kein kirsch-eis da, sondern nur maracuja und die tragik nähme ihren lauf.
nein, so ein baum weint eben nicht, so wenig wie er auf den ersten schnee wartet oder auf den nächsten frühling. er ist einfach nur ein baum. er steht da, atmet ein wenig und fängt manchmal unsere herzen vom himmel.
vom 25. November 2012
geteilt: im wort |
du traum. I
traum du mir. verschlingen will ich dich, beschützen und mich in dich hineinrollen, wenn du einmal nicht aufpasst. deine wurzeln sollst du schlagen in meinem herzen bis sie mich durchdringen und auf die innenseiten dieses körpers ihre hyroglyphen kitzeln, von zartheit schön mit ihren spitzen in unschuld getaucht. du traum.
es ist ein neuer erster tag, ein neuer erster morgen in diesem leben und ich wache auf mit demselben gedanken, der mich seit 539(+) anbrüchen in das leben begleitet, in jeden kleinen tag leben und immer wieder deine statur zeichnet, deine augen, deinen warmen atem in meinem nacken und deine hand auf meinem herzen. die lag dort die ganze nacht und umschloss, was vielleicht auszulaufen vermag, wenn man einmal nicht hinschaut.
vom 15. Oktober 2012
geteilt: im wort |
wer jeden tag ein bisschen stirbt
der, der dazu angehalten ist, über den dingen zu stehen, die sein innerstes berühren, ist der gleiche nicht auch dazu gezwungen, jeden tag ein wenig mehr zu lassen von dem ich, das ihn erhält?
aber ist nicht, wer also so jeden tag ein bisschen stirbt, also sterben muss, auch jeden tag ein bisschen weniger da bis er irgendwann ein bisschen gar nicht mehr da ist und nur noch das rote negativ verbleibt, ein letzter abdruck von dem, was war?
oder, etwa nicht mal mehr das?
vom 16. September 2012
geteilt: im wort |
2 gedanken · mitgehen
juste une minute
de temps en temps,
c’est le coeur trébuchant sur la tête
qui me fait rester dedans
vom 13. September 2012
geteilt: im bild |
alles oder alles
vom 12. September 2012
geteilt: im bild |
vom leben
wenn die bässe unter meinen händen trommeln, und der rhythmische klang den kaffee zum tanzen bringt, erst in der tasse und kurz hiernach auf der zunge, und mit ganz viel glück sogar noch so lieblich verspielt im bauch;
dann ist das leben und dann möchte ich auf keinen fall hier weg.
solange ein mensch, du, solange du nicht bereit bist, dich aus dem korsett deines diktats zu befreien, solange wirst du jedem schmetterling hinterherschauen, mit seinen bunten flügeln und den vielen mustern, die sich mit jedem schlag interessanter machen. nicht etwa, dass sie das wollten oder um bewunderung bestrebt sind, sondern einfach, weil sie sind.
weil sie glauben, mit ihrer leichtigkeit einen sturm zu entfachen, wenn sie es nur wollten, auch wenn das eine verfängliche illusion ist – aber sie hört sich schön an, mächtig, und vielleicht, dort zwischen den farbtupfen auf den flügeln, auch ein wenig romantisch.
möglicherweise wird dieser kleine schmetterling dich genau dies glauben lassen können. er wird dich in einen rausch versetzen, deine augen wachsen lassen und vielleicht auch dein herz. wahrscheinlich willst du ihn dann haben. du übst dich im sprung, denn nur für dich soll er fliegen und die kleinen blumen deiner seele soll er ganz für sich beanspruchen, so dass sie zum immerblühenden meer von schönheit, von leichtigkeit und träumen werden.
aber fort wird er fliegen, von dir, von ihnen, von blüte zu blüte, von meer zu meer.
nicht etwa, weil er dich verlässt.
sondern weil er will, dass du das fliegen lernst und mit ihm kommst.
ganz allein, weil er nichts sehnlicher will.
und ich.
vom 21. Juni 2012
geteilt: im wort |