Der Kern
Der Kern unserer Existenz mag kaum darin liegen, anderen schön aufzutreten und ihnen das Recht an einem selbst abzusprechen, als sei man eine Strohpuppe, die jederzeit angezündet werden könnte von den Funken eines Wesens, das einem so strahlend und hell erscheint. Das da sitzen könnte und mit seinem Feuerzeug vor den eigenen leblosen Fasern rumspielt, zu denen man sich verkommen ließ, weil man sich selbst verlor, dort irgendwo zwischen Himmel und Hölle seiner Sehnsucht.
Der Kern eines jeden kann nur sein, grenzenlos selbst zu sein, zu leben, zu lieben und zu geben.
Aber wenn Du doch liebst, ein Geschöpf, das schöner ist als jedes andere. Das Du empor hälst, weil niemand es berühren soll, das Du stark beschützen willst, weil es niemand brechen darf?
Dann sag mir doch, wie Du es selbst berühren willst, wenn Du es hoch hältst? Wenn Du all Deine Kraft dafür gibst, im Glauben etwas zu schützen, was womöglich gar nicht beschützt werden will, oder kann?
Nein, ein jeder muss sich selbst halten, um stark für die Liebe zu sein und dem anderen auf gleicher Höhe entgegenzutreten. Das kann nicht funktionieren, wenn Du Dein Wesen in die Wolken hebst, weil es niemand berühren soll. Du würdest es doch selbst nur von unten sehen im schillernden Glanz des Sonnenlichts über Dir. Und wenn Du dann doch stolperst – und das wirst Du, weil Du nun einmal Mensch bist -, und plötzlich dies bezaubernde Wesen vor Dir liegt, und ihr euch aus dieser neuen Perspektive kaum noch zu erkennen vermögt und euch fortan fremd erscheint?
Fremd? Wie sprichst Du über die Liebe?
Du hast recht, die Liebe kennt keine Fremde. Aber was Du da veranstaltest ist kaum mehr als falsch verstandene Romantik. Das, was Du da veranstaltest, unterliegt jener logischen Halbwertszeit, wie man sie sonst nur von Radionukliden kennt. Nun, Du verstehst mehr von der Physik als ich.
Du bist hart.
Und Du, mein Herz, hast das Recht erkannt zu werden als die, die Du bist. Das widerum nur gelingen kann, wenn Du selbst bereit bist zu erkennen.