Spielverlust
Bist du der Ball, bist du der Spieler? Wo bleibt der Reiz, wenn der Druck gefühlter Schmerz? Wenn das Gewissen sich in die Haltlosigkeit der Reinheit krallt, und rutscht, und krallt, und rutscht?
Spiel des Lebens, welch Planloses präsenten Glücks. Wenn ich eine Katze wäre, sagst du. Aber ich bin keine Katze. Ich bin Mensch und lebe. Identitätskrise wann anders. Deshalb hätte ich verloren, deshalb habe ich gespielt und so habe ich gewonnen.
Meine Hände sind voll, mein Herz tanzt, ein wenig Ja zum großen Nein. Vogelperspektive und drauf geschissen.
Metallener Klang, stahlsichere Kälte. Das Bogenmaß stimmt und ab dafür.
Du sagst du liebst und kehrst den Rücken, es ist auch bequemer als das Ende des Regenbogens zu suchen. Doch das Licht und die Schatten, sie gehören dazu, sie sind beständig. Es ist drei Uhr im Morgen, die Farben irren in der Dunkelheit und tränken sich in ihren hastigen Reflektionen. Du wirst sie nicht los, weil du sie leugnest. Du wirst sie erst los, wenn sie dich leugnen. Lässt du es darauf ankommen?
Hast du schon einmal versucht den Schnitt von { } und {B} zu ziehen? Und jetzt erwartest du das {A}? Ich ja. Aber ich habe aufgehört mich darüber zu wundern. Die stille Erwartung des Unmöglichen, wenn nur das Mögliche investiert wird – ja, ich erahne die Diskrepanz. Doch auch meine Lernfähigkeit bewegt sich nur in derer des Machbaren, und so bleibt die Diskrepanz bestehen. Auch erwarte ich weiterhin. Der termingerechte Monotonverlust gestaltet sich dabei nicht mal als verzichtenswertes Übel, vielmehr generiert er sich zur Notwendigkeit verissener Kopfentschlackung.
Das falsche Blatt war es trotzdem.
vom 19. September 2010
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Der Rabe in unserem Hauch
Du willst sehen, ohne die Pupillen zu schärfen. Du willst hören, und hörst doch nur dich selbst. Was du willst, was du hast, was du liebst. Eine Burg, darum der Graben mit den lüsternen Kampfgarnelen und dazwischen die gemoderten Gräten deiner Existenz. An Entfernen nicht zu denken, du hast sie ja eigenhändig zerquetscht. Empathie der Name deines Deos, gib mir ein Skalpell, ich zeige dir gern wo das Herz sitzt.
Katzensprung, Klagemauer, Beichtgebiet ist hemmungslos. Kühle Verlegenheit, false friends. Was erhält mich, wenn ich mich nicht zu erhalten glaube? Was macht mich wach, den Tag zu begreifen, die Nacht zu ersehnen? Den Tag zu träumen, die Nacht zu bestehen?
Sehnsucht, Glaube, die Hoffnung etwas würde besser, wenn “besser” undefiniert und “etwas” das glanzlose Grab des geverblendeten Erdenirrsinns ist? Der selbsterklärte Tod ist kein Zufall. Natürlich wird etwas glorifiziert, das besser scheint, als das lebend Sein, und natürlich ist das nicht besonders schwierig und so wird danach gestrebt, bis danach nicht mehr gestrebt werden kann. Dafür muss man nicht schwindellos in der Adoleszenz wanken. Dafür muss man auch kein Werther sein. Nur sehend, ach, doch glücklicherweise sind die Augen mehr damit beschäftigt, unsere Libido in Abend zu reiten und unser abgegriffenes Glückszeremoniell zu bespielen.
Das Wesen ist nicht viel mehr als das gespreizte Hirn auf dem Strich: anbidernd und maskiert um seinen Arsch auch Morgen noch in das kapitalhungrige Korsett des Kollektivs zu zwängen. Darf ich mit meinem Paustbackengesicht mal fragen, wohin es Sie führt? Und wohin uns das führen muss? Warum greifen wir dann mit glänzenden Augen danach, als wäre es die pralle Milchbar auf Mamas Schoß?
Reißt die Mäuler, der Rabe fliegt in unserem Hauch.
vom 21. Juni 2010
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Freiflug.
Nicht so falsch, mein Herz!, mein Liebling. Das kannst, das willst du nicht. Es erörtert die Beine, lässt sie verstummen und ertauben. Des Welts Herz ein Krüppel.
Ich bin irre, weil ich anklage. Ihr seid irre, so ihr gaffend durch die sezierten Haufen menschlichen Versagens spaziert – auch ohne Beine. Ich stehe vor dem Fenster und sehe den grauen Darm, der sich türmt und bei schönstem Lächeln die perlbemutterten Zähne bleckt. Wollen wir sterben, oder sind wir schon tot? Die Zigarette ausgedrückt und der Kopf schüttelt sich.
Zunächst willst du sie alle retten, wie als Kind in deinen Träumen voll geschminktem Heldenpathos. Dann greifen sie dir ins Hirn, in den Magen, ins Herz und so bleibt das nickende Exemplar vom Serientypus A, Arschlochakte A-G. Herzlichen Glückwunsch, Sie sind angekommen. Nenn mich wie du willst, aber lass mich so sein wie ich bin.
Ich träume diese Träume nicht mehr, und du?
Die heimlich gestaatlichte Vollzeitelite drückt sich den Stempel des Wissens auf und lehrt die Halbpfosten zu Vollpfosten. Ich will dich nicht anlügen, aber wir sind toll, ehrlich. Und wem pflücken wir morgen die Schäfchen vom Himmel? Gib mir den sauren Apfel, ich beiße gerne hinein. Immer wieder bis die Säure sich zum Rückenmark peitscht und mich erblinden lässt, „l’essentiel est invisible pour les yeux“, hein?
Der Stummel braucht vier Sekunden für fünf Stockwerke.
Wie lange bräuchte ich, wenn ich nochmal kurz im ersten gastiere?
vom 14. Mai 2010
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Abgeklärte Misanthropie
Angeregt taumelnder Worte kreisen die Gedanken. Ist das gesellschaftliche Sein schuld am Verlust individuellen Geistes? Muss es diesen nicht sogar bewirken, als Ursprungsquant?
Und führt dieser Konflikt nicht über kurz oder lang zu einer aufdiktierten Identität? Wieviel sind wir dann noch selbst? Bin ich ich? Oder bin ich so gewollt? Bin ich einer solchen Erkenntnis überhaupt befähigt? Oder wäre ich es besser nicht?!
Man habe sich dem gesellschaftlichen Gefüge zu richten, um nicht selbst gerichtet zu werden. Du stellst Dogmen für dein Leben auf, setzt Prioritäten und Erwartungen – das machst du, sagst du. Das glaubst du, sage ich.
Was ist freier Wille, wenn ich meiner Freiheit irre? Wo ist Freiheit, wenn Normen binden? Abweichendes wird höchstens, wissend ob dessen Unmöglichkeit, niedlich belächelt.
Der erste Schrei im Leben ist gewollt, im Zweifel erzwungen. Versuche danach noch einmal zu schreien und sehe, was passiert.
Post-natal beginnt die Verkrüppelung menschlichen Geschlechts, Erziehung einer müden Armee unausgeschöpften, entfremdeten Potentials.
Wir sind auf dem unerbittlichen Rückmarsch geistiger wie körperlicher Fähigkeiten, werden zu Bedienern, statt zu Schaffern. Nein, wir sind geworden, ich war schon immer. Wahrscheinlich auch du.
Identitäts- und Individualverlust, harte Anklage zeitgenössischen Seins – aber Hauptsache PowerPoint, Demokratiestempel und Lächeln funktioniert, der Rest ist ja eh erstmal nebensächlich.
vom 29. Juli 2009
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???
Treiben auf der vague de sensibilité, das Gesicht gedrückt in den Grund des Ichs.
Farbspielirrung in entschiedenster Vollkommenheit. Pastellisierung ungreifbarer Eindrücke, ein Kohlestrich in wütiger Ekstase.
Die Einsicht verschwimmt, Worte strömen. Ungeklärte Klarheit weicht klarem Konstrukt der Lettern, der geformten Unbedingtheit des Verstands. Ist normativ, ist fassbar, was dem genormten Medium entspringt? Du verstehst, aber begreifst du auch? Begreife denn ich?
Trägt man Gefühl, gehört es ausgesprochen, bestätigt, erklärt? Oder gehört es nur gefühlt? Ist man seinen Mitmenschen einer Offenbarung schuldig? Oder diesem einen? Will man sie ihnen schuldig sein? Will man sich verletzbar machen, ist man es nicht ohnehin?
Im Augenblick der bröckelnden Fassade, des Annehmens einer empathischen Ahnung gewährt die Iris Einblick auf die Komposition. Doch willst du sie auch sehen, hören, empfinden? Sich einzulassen ist nie einseitige Gefahr, sich einzulassen birgt den Moment des Versinkens, des Spürens von Kräften wie Schwächen, Vernichtung und Glück. Die Bewältigung der fließenden Grenze zwischen Vertrauen und Abenteuer: sinnlich, waghalsig, intensiv.
Bist du es, gib dich zu erkennen. Bist du bereit, nimm meine Hand, lass’ dich führen, führe mich, lass’ dich belehren, belehre mich.
Wieviel eines Versprechens obliegt letztendlich mir.
Oder uns?
vom 7. Juli 2009
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