[divalent gestrebt, unendlich)

Und wo es sonst so hinführt.

»Ach, was ich weiß, kann jeder wissen - mein Herz habe ich allein.« - Die Leiden des jungen Werther - Am 9. Mai 1772

Impression. Impression. Impression.

Wenn es keine Utopien mehr gibt, stirbt auch die Liebe.

Denn natürlich ist ihr systemimmanenter Konsumismus, der sie zu diesen fanatischen und gehorsamen Spaßungeheuern macht, die das allerneuste Modell der Kapitalismusmaschine braucht, um zu funktionieren – natürlich ist ihr pathologischer Kaufwahn vor allem schuld daran, daß sie einander gegenseitig auch nur noch für Ware halten, für etwas, das man benutzt, damit es einem gutgeht, ohne den Respekt und die Hingabe […].

Wer die Liebe genießen möchte, schrieb gerade erst einer […], der muss frei sein von ‘Moral, Selbstzweifeln und politisch korrekten Denkfallen’. Ein – wie sollte es bei einem Ideologen auch anders sein – natürlich historischer Irrtum. Warum?
Wenn es keine Utopien mehr gibt, stirbt auch die Liebe. Und umgekehrt.
aus: Deutschbuch, Maxim Biller

Nackt auf rauhen Laken, das beschreibt es so ungefähr.

Erinnerst du dich noch, als wir uns alles waren? Dort, als die Liebesgötter ihre Botschaften sendeten und trunken vor Glück unsere Augen leuchteten?

Spielt es eine Rolle, wo es hingekommen ist, wenn es nicht bei uns blieb?
Spielt es eine Rolle, ob die Angst sich darüber legte oder der Hass? Ob eine andere sich dazwischen drängte, mit ihrer Haut, die – mit Verlaub – nie so weich sein wird wie deine? Oder ob die Wege sich nun einmal trennen mussten, weil einer Flügel wuchsen während die andere sich noch im Laub igelte?
Sind wir nicht mehr als ein paar gezeichnete Pfade auf der Haut der anderen;
oder sind wir dadurch schon alles?

Nackt auf rauhen Laken, das beschreibt es so ungefähr.

Zeilen unter der Haut / April 2014

Es ist nicht unsere Aufgabe

Es ist nicht unsere Aufgabe, einander näherzukommen, sowenig wie Sonne und Mond zueinander kommen oder Meer und Land. Wir zwei, lieber Freund, sind Sonne und Mond, sind Meer und Land. Unser Ziel ist nicht, ineinander überzugehen, sondern einander zu erkennen und einer im andern das sehen und ehren zu lernen, was er ist: des andern Gegenstück und Ergänzung.
aus: Narziß und Goldmund, Hermann Hesse


Es ist nicht unsere Aufgabe

Nennen wir es Dialektik des Herzens

Die Intuition sagt: Das hört auf. Irgendwann wirst du eben aufhören zu rennen. Irgendwann wirst du aufhören, dich jeden Tag neuzuerwecken, jeden Tag neuzuerfinden. Jeden Tag die immer selben Steine umzudrehen in der Hoffnung, du hättest etwas übersehen. Einen kleinen Splitter mit den Reflektionen, die deine Welt in die Farben deiner Sehnsucht brechen. Vielleicht. Ein kleines Puzzleteil.
Vielleicht. Dich. Ja, vielleicht.
Das ist Deines. Das ist dein Prozess. Du kannst deinen Kopf schütteln, dich auf den Boden werfen. Du kannst aufstampfen, Purzelbäume schlagen. Immer wieder kannst du das machen und schreien: Nein!
Vielleicht musst du es auch.
Derweil werde ich hier sitzen, hier auf meinem Stern in unserer Nacht, und dir ein ein ja auf die Stirn hauchen, das so zart wie bestimmt jedes deiner Nein! entwaffnet.

in dem glauben, dass wir nicht allein sind

Ich bin zu der Auffassung gelangt, dass die menschliche Existenz ungewiss ist, verwirrend, oft absurd und voller Angst angesichts eines gleichgültigen Universums, das unsere größten Hoffnungen genau wie die uns teuersten Menschen vernichten kann und dieses zerstörerische Werk auch immer wieder vollbringt. Trotzdem schreiten wir weiter voran in eine Zukunft, von der wir keine Vorstellung haben und die wir nicht beherrschen können – geführt nur von ein paar Worten, die wir miteinander teilen, und dem Glauben, dass wir nicht allein sind.
Gordon Livingston

im glauben, dass wir nicht allein sind

warum eigentlich?

I
ich hatte den gesamten tag vollkommen negiert, man könnte sagen: ihn in all seiner schönheit missachtet. aber was interessieren schon die tage, in denen wir kaum mehr sind als ein verschlafenes knäuel zwischen weißen decken, die uns in ihrer wärme bergen und vergessen machen von der welt. vergessen in einem himmelbett aus traumburgen und sternen. vergessen in dem stillen manifest einer hingezogenheit, die kein gleichnis kennt.

II
ich hatte mich in deine zeilen versenkt, seite für seite, zelle um zelle. und weil das irgendwann kaum noch zu ertragen war, habe ich geschlafen. fast ein jahr lang.
jetzt aber frage ich: haben wir es besser nicht gewusst?
und weil wir die antwort doch wohl kennen: warum eigentlich nicht?

III
es gibt fragen, auf die wir keine antwort brauchen, weil sie in der vergangenheit gestellt wurden. wir aber sind gegenwärtig: hier eine narbe, sie ist alt und verwoben. hier ein dorn, ausgebildet, um irgendetwas zu schützen, was am ende gar keinen schutz bedurfte. und hier eine tiefe, naja, die war da immer schon.
im hier sind wir gänzlich
– die, der das herz auf den kopf gefallen ist und die gleiche, die gelernt hat genau das zuzulassen –
und wir haben darauf zu achten, dass das auch so bleibt.

vom 28. Januar 2014

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war es nicht so?

wer bist du?
wer bist du für mich und wer bin ich für dich?

ich höre deiner geschichte zu, denn sie erzählt von unverständnis und einsamkeit. im grunde erzählt sie von uns, aber das sage ich dir nicht.
man sagt, auf eine traumwelt könne man nicht bauen, sie sei ein lächerliches seelen-hirn-abstrakt, dem wir hinterherspringen, selbst wenn es schon keinen sinn mehr macht. das stimmt vielleicht.
aber wir stehen nun einmal nicht auf reihenhäuser, nicht auf das austauschbare grau, das das schaffen bedeckt, nicht auf das simple a-to-b, wenn wir auch a-to-c-to-d-to-achguckenwirnochmal-a-to-z-to-b haben können. und ehrlich, wir geben einen scheiß auf das man und träumen trotzdem.
denn bevor etwas entsteht, muss es erträumt werden. war es nicht so?

also träumen wir uns fort. fort in unsere arme, in unsere farben, in unsere wärme.
fort in unser ankommen, das nur uns gehört.

vom 19. Januar 2014

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