[divalent gestrebt, unendlich)

Und wo es sonst so hinführt.

»Ach, was ich weiß, kann jeder wissen - mein Herz habe ich allein.« - Die Leiden des jungen Werther - Am 9. Mai 1772

Impression. Impression. Impression.

denn es gibt ja essen

Wenn die Komposition der Träume sich in die kleinen menschlichen Züge deines Antlitz verfängt, verbeißt und nicht mehr loslässt, ganz wie ein Zeck im Lebensja seiner Existenz, dann nennen sie es Verblendung, vielleicht Irrung. Ich, ich sage einfach ja und blicke zurück, nicke auch hier, blicke nach vorn und sage na und?

Vielleicht muss man beginnen in der Irrung den Reichtum zu erkennen, der sich in ihr immer mitschleicht und so oft nur für das mutigmüde Wort des guten Freundes ausreicht. Jede Verfehlung blättert sich ab und entblößt die Wesentlichkeit: oh dear, it’s a heart that beat.
Alles was ist, hat seinen Grund zu sein und, bedauerlicherweise, alles andere auch. Mal ist es ein zu schwaches Herz, mal gar keines. Manchmal ist es auch die Welt und der große Schmerz auf diesen Schultern, ein Eisberg oder ein falscher Blick. Immer ist es zu wenig und dabei doch viel zu viel.

Es wird nie vorbeigehen, weil du so fühlst, wie du fühlst, solange du bist, wie du bist. Auch geht das Schwarz nicht verloren, manchmal mischt es seine selbstsichere Schwere in die summenden Frühlingsfarben, manchmal verbleibt es im Hintergrund und lässt ihre bunte Pracht stolzieren, und immer wirst du darauf warten, dass es dich wie Mama einmal zurückzieht, denn es gibt ja Essen.. Und schließlich wirst du hörig auf deinem Teller schaben, obwohl es dein Geist ist, der diesen Hunger verspürt – nicht dein Magen.

Das ist die Soziologie der Melancholie und ich merke wohl, dass ich dir nichts Neues erzähle.

vom 23. April 2011

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der besuch

Es sitzt einsam an diesem schemenhaften See, der er sich behutsam und bestrebt in die Wogen der Dunkelheit schmiegt, das kleine Kind mit seinem lieblich blondem Schopf und seinem weißverspielt gerötetem Kleid. Es sitzt einsam der Poetentraum, der den Geist belegt und nicht mehr loslässt, für Stunden, Monate oder Leben, wie Träume das so zu pflegen tun.
Es ist derselbe See, an dem ich einst war und meine Zeichen in den Sand malte. Mir ist, ich wollte nichts so sehr als hier zu sein, und nun bin ich hier und sehe auf die Zeichen in ihrem rustikalen Charme, wie sie zerschlissen und verwischt sind von Zeit und Wind und der sich türmenden See, von der es hier kein Ende gibt. Nur Fußspuren sehe ich keine anderen als die kleinen zarten Tritte der Unschuld.
Es erwächst die einsame Angst, die mir befiehlt, und ich will nichts so sehr als fort zu dir, diesem dir in mir. Der Idee und das Heiligtum.
Des Ändern Not, der Spiegel im jungen, hellen Augenblau und die Entscheidung zur Lösung, zurückzulassen, was nicht sein darf, sein kann, aber vor allem nicht sein will. Es ist eine Reise in die casa memoria, in der bekanntlich nur findet, wer noch einmal finden wollte.

Sieh nur hin. Nein. Horche doch. Nein, lass mich ziehen, lass mich tanzen und spielen, lass mich die Buchstaben der Stadt erklettern, sie umstoßen und in Frage stellen. Sie hinterher verwirren und zusammenbasteln, wie in einer Buchstabensuppe, in der ich diese Antworten forme, doch nie ohne dich vorher flüsternd zu fragen: Du auch?
Und wenn nicht: wie dann?

Es gibt kein was? dazwischen. Es gibt kein ob und keine Frage der Existenz, die in den Verstand kriecht, ihn verlässlich aushöhlt und nicht mehr als ein paar schillernde Luftbläschen im gebrochenen Lichtversprechen zurücklässt. Da gibt es immer nur das wie, im heute, im gestern, auch im morgen.. als Frage des Lebens.

Wir waren, sind und werden sein. Das ist meine Antwort.

vom 14. April 2011

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frühlingssturm

So wie der gewaltige Frühlingssturm die vertrockneten Reste des letzten Jahres, Früchte, Pappeln, Infusionsnadeln, Pflaster, Küsse, verkrustete Taschentücher und sein wirsches Geäst aus den Kronen unseres Spielplatzes wirbelt, trennt und zerstreut, so liege auch ich hier und lasse den angesetzten Staub der Monate von mir fliegen. Manchmal setzt ein Korn sich mir ins Auge, nur immer ins linke, das dreht sich dann um und weint, aber es weint ohne die Schwere der Melancholie. Es weint, weil der instinktive Reiz es so befiehlt. Deshalb hänge ich auch alle paar Monate über dem Geländer und lasse das Herz einfach mal drauflos kotzen, erwirkt aus der Überflutung und der hirnredaktionellen Einsicht: das war dann wohl doch nicht ganz mein Wellengang.

Flau, aber befreit gehe ich hinterher spazieren und schaue, was man noch mitnehmen kann, woraus sich wohl noch etwas schönes basteln ließe, kleine Tierchen mit Streichholzbeinchen etwa, oder aufgefädelte Ketten, die ich sowieso nie trage. Erinnerungsstücke, die dann dort stehen und einstauben und womöglich noch lange vor sich hin schimmeln und mich kränken, ehe ich ihnen endgültig jenen Weg weise, den sie hätten schon längst gehen müssen. Sie, samt ihren hölzernen Beinchen und ihren aufgemalerten Äuglein. Manchmal geht das einfach, manchmal geht es auch verloren, und manchmal geht es gar nicht, weil die Figuren ungreifbar dort tanzen und lächeln, sich in den Händen halten und schreien, wo kein Sturm sie mitreißen kann, wenn du nicht selbst gerissen wirst.

In dir, mein Freund, in dir.

vom 9. April 2011

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im Eigentlich

Ein zart geraunter Mädchentraum im leblosversiegelten Alltagsscript. Ich höre dich, aber ich höre nicht zu. Da sind keine Wünsche, keine Träume mehr, zwischen denen du tanzt, und gelegentlich deine Koffer verlierst. Folglich ist da auch keine Reiselust, die dich in Atem hält und deine Habe wiederfinden lässt, und dich. Du brennst nicht, du entflammst nicht, dann sage mir doch – wie willst du entzünden?
Wo ist die Sehnsucht? Die ewige, von der wir wissen, sie nicht erreichen, aber doch ganz nah an sie kommen zu können? So nah, um einmal doch den sanften Hauch ihrer Güte zu verspüren, sie einmal nur schüchtern zu küssen, und dann immer wieder mit den selben verrückten Schmetterlingen im Bauch?

Du sagst, das sei Illusion, ich sage, das sei Ideal. Du sagst, das mache mich kaputt, ich sage, es erhalte mich. Nur im Eigentlich sagen wir dasselbe.. jetzt und immer wieder.

vom 6. April 2011

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trockenpunktiert

Gerade das Herz gegriffen, trockenpunktiert, nitratinjiziert, geworfen, explodiert. Jetzt fahren wir die Autobahn, Beschleunigung, kühler Frühlingswind peitscht gegen die Karosserie und mein nackter Körper friert auf dem Dach über mir. Motorbremse, Beschleunigung, Wind, und ich dringe ein in das Zeitlupengeschehen des Moments. Durch die Fetzen meines Herzens im Impuls der geschmissenen Schlacht. Langsam schwirren sie vorbei, an mir vorbei, und ich blicke ihnen nach wie ein Kind im Rummelplatztreiben und so leuchten sie in den verschiedensten Formen und Farben. Sie leuchten vor dem Hintergrund einer schalen Baumarmee und hinter ihr leuchtet das güldenrote Goodbye des Tages. Goodbye, goodbye.

vom 21. März 2011

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Kleine Mädchen

Wir hören gelb und atmen rot, und dort, sieh, es tanzt ein trunken Schmetterling auf dem smaragdschönen Wanderfalken über uns. Er kreiselt wie die leere Weinflasche in unserer Mitte. Willst du Wahrheit? Dann schwindel nicht mehr als ich.

Sie hüllen sich ein in die Fadenschwere dieser Herzen. Kleine Mädchen in der Stärke Unschuld, kleine Mädchen in der Zartheit Obhut, ein gespieltechter Kuss und noch ganz warm vor Freude. Sie tragen sich an den Händen, tragen sich an den Füßen und leben in den gewagten Vorstellungen ihrerselbst.
Wir sehen sie, und sehen auch uns, aber das Erkennen fehlt.
Mir gefallen wir heute besser. Heute sind wir wir. Damals waren wir Kinder. Wie Knete, formbar, und pressbar in alle Negative, die man uns vorsetzte. Sieh nur hin, in diesen Augen schwillt der gleiche Blick, die gleiche schmerzhafte Stille, die heute noch unsere Liebsten in den Wahnsinn treibt. Es war nicht unbeschwerter. Wir wussten nur nicht diese Leere zu wiegen.
Gerade baue ich dir für deine Füße ein Haus in den Sand.
Du bedauerst die verlorene Reinheit? Dann verlasse das Kalkül, dein feingeschnürtes Korsett, das dir gewissenhaft den letzten Herzverstand aus dem Leib zwängt und lerne wieder denken mit dem Herzen.

Und willst du Pflicht, dann zeig mir wo du stehst.

vom 8. März 2011

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Schrottplatzhimalaya

Klopfen und Tanzen, und Sonnenschein, und Leben. Wenn dir der Tag abhanden kommt und du lebst, weil du lebst, und nicht, weil du auf etwas wartest, was du mal leben könntest.
Ich habe gelernt, viel gelernt, und mit jedem Moment, der da kommt und sagt: hier bin ich, das bist du!, stoße ich einen neuen Brocken auf dem Himalaya meines Schrottplatzes an. Ich erwarte nicht, dass ich nie wieder falle, mich nie wieder schneide und blute, nicht mal, dass mir nicht je wieder ein kraftloser Seelenbrocken aus dem Körper kotzt, aber ich erwarte, dass ich danach wieder aufstehe und die Arme ausstrecke und sage: jo scheiße, da oben war die aussicht aber besser.

vom 1. März 2011

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